Verkaufspsychologie ist eines der Standbeine des Einzelhandels. Jedes Geschäft arbeitet mit den Grundsätzen, die den Kunden zu einem Kauf animieren und ihm zu einem guten Gefühl im Geschäft verhelfen. Dabei sollte dies auch im E-Commerce zur Anwendung kommen.
E-Commerce wird immer mehr zu einem Baustein des heutigen Shoppingerlebnisses. Das Angebot an Shops und Produkten wächst täglich an und steigert damit auch den Wettbewerb. Daher sollte auch die Verkaufspsychologie Einzug halten. Aber viele Händler haben die Anwendung der Psychologie im Verkauf noch nicht verinnerlicht und können daher auch keine Umsetzung gewährleisten.
Psychologie ist in allen Bereichen ein Werkzeug. Hierdurch kann erkannt werden, welche Kunden wann, wo, wie und warum ein Produkt kaufen. Da aber die Theorien über das Treffen einer Kaufentscheidung im E-Commerce stark auseinandergehen ist es auch für Händler oft nicht einfach den richtigen Weg zu finden. Dies ist nur einer der vielen Gründe, warum Psychologie im E-Commerce nur selten oder auch falsch angewendet wird. Dabei gilt eine grundlegende Regel, die auf alle Kunden angewendet werden kann. Das Unterbewusstsein entscheidet über den Kauf und in diesem Bezug muss das Bewusstsein der Händler mehr auf diese Ausrichtung geschult werden.
Wie kann eine Kaufentscheidung getroffen werden?
Jeder Kunde entscheidet sich für einen Kauf nur unterbewusst. Dabei sind alle Grundlagen auf zwei Prinzipien zurückzuführen, die dabei eine Rolle spielen.
In den meisten Fällen, 95% aller Käufe, entscheiden die Kunden aus einer emotionalen Bewegung heraus. Dabei handelt es sich meist um einen Impulskauf. Das Kaufverhalten ist dabei vorherrschend, aktiv, schnell und nach einem bestimmten Muster. Dabei wird die Kaufentscheidung oft erst dann bewusst klar, wenn der Kauf schon abgeschlossen ist.
Nur 5% aller Käufer planen strategisch den Kauf eines Produktes und gehen davon aus, dass sie diese Entscheidung bewusst und rational getroffen haben. Sie kaufen langsam, geplant und überlegt. Dabei spielt aber auch hier nicht die bewusste Entscheidung die endgültige Rolle, sondern das Unterbewusst sein. Das schlechte Gewissen trägt dazu bei, dass ein Kauf zunächst hinterfragt, aber dennoch ausgeführt wird.
Viele Händler stellen sich so die Frage, wie so eine bewusste Beeinflussung der User möglich sein soll.
Wie bereits in der Psychoanalyse von Sigmund Freud belegt werden konnte, ist eine Emotion die Grundlage, dass eine Entscheidung getroffen werden kann. Emotionen bilden die ultimative Grundlage. Auch wenn das bewusste Entscheiden vorspielt, dass die Emotionen ausgetrickst wurden, so ist allein die Suche nach einer Begründung, dass der Kauf notwendig war, eine Emotion, die das gute Gefühl aktivieren soll, die den Kauf gerechtfertigt macht.
Warum trifft ein Kunde eine Kaufentscheidung?
Grundlage hierfür ist die Veranlagung des Menschen, dass er den Zwang besitzt eine Entscheidung treffen zu müssen. Dabei sind die Beweggründe in zwei Kategorien unterteilt:
1. Durch eine Entscheidung stellen Menschen fest, dass sie eine positive Erfahrung machen. In der Folge werden immer wieder Entscheidungen getroffen, da sie diese Erfahrung wieder machen wollen. Zurückzuführen ist dies auch auf ein Suchtpotential, dass sich leicht im Körper entwickeln kann. Je mehr positive Einflüsse gewonnen werden, desto leichter ist es für Menschen eine Entscheidung zu treffen.
In Bezug auf den Handel und einen Kauf gesehen, bedeutet das, dass ein Kleidungsstück nach dem Kauf sehr gut gepasst hat und die Person dafür viele Komplimente bekommen konnte. Ergo, ist sie auch dazu verleitet, wieder eine Bestellung durchzuführen, denn diese Erfahrung darf sich wiederholen.
2. Durch Ängste und die Angst vor Verlust haben Menschen den Mut eine Entscheidung zu treffen. In Bezug auf den Handel kann hier die Parallele zu einem Luxusgegenstand gezogen werden. Im Grunde war es vor dem Besitz eines CD-Players nicht schlimm, dass man nicht zu jedem Zeitpunkt die Musik hören konnte, die man wollte. Da aber der alte Player nun immer wieder Probleme hat eine CD zu erkennen und das Abspielen der Musik umständlich geworden ist, besteht die Gefahr, dass die Funktion bald völlig ausbleibt. Auf der Suche nach einem neuen CD-Player haben nun Angebote eine gute Chance. Sobald sie einen Spareffekt provozieren, wird dieser auch gekauft. Allein aus der Angst heraus, dass nicht mehr täglich die Musik nach Wunsch gehört werden kann.
Beeinflussung ist leichter als Überzeugung
Es ist schon im stationären Handel ersichtlich, dass die Beeinflussung eines Kunden viel leichter ist als ihn mit einem bestimmten Angebot zu überzeugen. Durch die subtile Suggestion kann so eine Welt aufgebaut werden in der sich der Kunde angesprochen und wohl fühlt. Das ist auch im E-Commerce möglich. Auch wenn die Umsetzung sich hier anders gestaltet als im direkten Kontakt mit dem Kunden.
Wer die Kunst der Beeinflussung erlernen möchte, der braucht ein gewisses Vorwissen, dass diese Umsetzung gelingen kann. Dabei gilt die Faustregel: Bedürfnis und Motivation des Kunden müssen bekannt sein.
Zu diesem Vorwissen gehört aber auch eine genaue Analyse der derzeitigen Situation des Shops. Dabei handelt es sich nicht um die wirtschaftlichen Zahlen, sondern um den Aufbau und die Abläufe, die durch den Kunden erlebt werden. Viele Händler bedienen sich hier der Analyse durch eine Befragung der Kunden zur Anwenderfreundlichkeit des Shops. Andere wiederum beauftragen eine professionelle Agentur, die den aussenstehenden Blick auf die Seite werfen kann.
Grundlegend werden hierbei die Fragen geklärt, was an dem Shop negativ ist. Was wirkt auf den Kunden verwirrend oder enttäuschend? Wo kann er sich nicht leicht allein zurechtfinden?
Ziel dieser Analysen ist die Schaffung des ultimativen Einkauferlebnisses auf der heimischen Couch, das den Kunden ebenso abholen kann, wie die persönliche Betreuung im stationären Handel.
Welche Techniken sind effektiv?
Generell anerkannt werden alle Techniken, die das Unterbewusstsein eines Menschen stimulieren können. Schon heute werden die 6 Prinzipien von Caldini in vielen optimierten Online-Shops zur Anwendung gebracht. Sie gelten heute nur noch als Grundlage des maximal Möglichen.
Dabei konnte Caldini 6 Grundsätze entwickeln, die pauschal auf jeden Kunden angewendet werden können. Unabhängig seiner Kaufkraft und seiner Persönlichkeit gibt es bestimmte Schlüssel die eine Kaufentscheidung beeinflussen können.
1. Wer an seine Kunden Geschenk macht, der stellt sie in die vermeintliche Verpflichtung zum Kauf.: Dabei ist Mentalität des Menschen ausschlaggebend. Rein von der Natur her sieht ein Mensch sich in die Verpflichtung genommen etwas zu tun, wenn er dafür vorab etwas bekommt. Auf diese Weise kann die kostenfreie Nutzung eines Shops oder die Aussicht auf einen finanziellen Vorteil nicht den Eindruck erwecken, dass er davon profitiert, sondern eher auch etwas dafür leisten muss.
2. Eine Entscheidung wird selten geändert, wenn sie mitgeteilt wurde: Durch das Ablegen einer Ware in den Warenkorb oder auch die Anfrage über ein Produkt signalisiert der Kunde ein gestärktes Interesse an diesem Produkt. Folglich wird er sich nur selten für eine andere Variante oder einen anderen Shop entscheiden.
3. Was tun andere? Bei der Entscheidungsfindung ist es wichtig, dass auch die Meinungen anderer Kunden oder Nutzer in Betracht gezogen werden. Wenn sie hierdurch ein positives Feedback erleben, dann ist die Kaufentscheidung auch leicht zu treffen.
4. Was sagen Experten? Einfache Nutzerberichte sind vielen Käufern nicht ausreichend. Über Social Proof und dort schreibende Experten kann aber eine fachkundige Meinung zur Grundlage genommen werden einen Kauf abzuschließen. Je überzeugender diese Argumente sind, umso schneller wird ein Kauf auch gerechtfertigt.
5. Gemeinsamkeiten erleichtern die Entscheidung: Besteht ein Problem bei einem Kunden, dass er mit dem Kauf lösen möchte, dann kann es hilfreich sein, wenn andere Kunden oder Erfahrungen genau auf diesem Problem aufbauen. Sie vermitteln das Gefühl einer Gemeinsamkeit und der Kunde möchte dann auch von dieser Lösung profitieren.
6. Knappheit setzt Reize: Alle Produkte, die in einer begrenzten Stückzahl vorhanden sind, werden schneller gekauft. Allerdings kann dieses Prinzip immer nur einmalig angewendet werden. Wird ein Produkt mit einer knappen Stückzahl angegeben und nach der Aktion sind Preis und Menge immer konstant vorhanden, dann verliert auch der Kunde das Vertrauen in den Onlineshop.
Diese Grundlagen finden schon in vielen Online-Shops Anwendung. Darüber hinaus gibt es aber noch zahlreiche andere Methoden, die zur Anwendung kommen sollten und damit das Unterbewusstsein der Kunden stimulieren.
Der Decoy-Effekt: Wenn sich Kunden zwischen 2 Produkten entscheiden müssen, dann kann durch die Schaffung einer dritten Variante eine neue Entscheidungsoption geschaffen werden. Dabei ist es wichtig, dass zuvor definiert ist, welches Produkt gekauft werden soll. Meist entscheiden sich die Kunden für den Mittelweg. So sollte ein alternatives Produkt wesentlich teurer, aber in der Qualität gleich sein. Das andere Produkt wiederum wesentlich günstiger, aber auch die Qualität darf hierbei nicht gleichwertig des Zielprodukts sein.
Foot-in-door: Wer seinem Kunden eine Gegenleistung anbieten kann, bekommt leicht die Möglichkeit die Mailadresse zu erhalten. Kostenfreie Inhalte für die Übertragung der Mailadresse bedeuten ein gutes Fundament für den Aufbau eines Sales-Funnels.
Halo-Effekt: Welchen Eindruck vermittelt der Online-Shop hierbei? Kunden werden dann animiert, wenn unterbewusste Reize gesetzt werden. Wenn schöne Menschen mehr Geld verdienen (so der Reiz), dann investieren sie auch in das Produkt, dass die Schönheit bewirken soll.
Darüber hinaus gibt es auch weitere Modelle, die offiziell die rationale Entscheidung ansprechen. Wobei dennoch das Unterbewusstsein die endgültige Entscheidung trifft.
Paradox-of-choice: Je mehr Auswahl ein Shop hat, desto geringer ist die Kaufkraft. Eine schnelle Entscheidung ist für den kaufenden Kunden hier nicht möglich, da eine große Reihe an Produkten zunächst betrachtet werden muss. Weiterhin entscheidet meist hier die Komponente, dass weniger Angebot auch eine höhere Qualität bedeutet, da hier mehr Wert auf die einzelnen Produkte gelegt wird.
Wenn alle Online-Shops sich dieser Grundlagen annehmen, dann können sie ihre Kunden noch mehr ansprechen und verkaufspsychologisch auf sie zugehen. Das wiederum kann das Alleinstellungsmerkmal des Online-Shops weg von sichtbaren Argumenten zu einer besseren Kundenbindung und persönlicheren Behandlung führen.