Wie potenzielle Mitarbeiter ticken erfahren Sie nur sehr bedingt aus Lebenslauf und Zeugnissen. Auch die übliche Gesprächsführung in Vorstellungsgesprächen garantiert keinen tiefen Einblick in die Denk- und Verhaltensmuster potenzieller Mitarbeiter. Anders sind Äußerungen, die ich als Beraterin oft höre, nicht zu erklären: „… ich habe das falsche Personal.“; „… ich habe einfach kein Glück mit meinen Mitarbeitern.“ oder „… dafür habe ich nicht die richtigen Leute.“
Wie wäre es, wenn es Fragestellungen gäbe, die Ihnen verraten, wie potenzielle Mitarbeiter denken und sich verhalten? Solche Fragestellungen können helfen potenzielle Mitarbeiter zu finden, die für die zu bewältigenden Aufgaben geeignet sind. Falsch eingestelltes Personal bringt nicht nur Ärger, es ist vor allem teuer. Einarbeitungszeit, Aussprachen, Anleitungen, Kontrollen, verlorene Aufträge und Nacharbeiten sind die häufigsten Folgen von Fehlbesetzungen.
Doch beginnen wir von vorn und klären zunächst, worum es überhaupt geht.
Lassen Sie mich zur Verdeutlichung ein Beispiel aus meinem Privatbereich erzählen.
Wir, mein Mann und ich, haben vier hübsche kleine Bilder von Spitzweg. Es ging darum, für sie einen geeigneten Platz zu finden. Mein Mann fragte mich, an welche Wand ich die Bilder haben möchte. Als dies geklärt war, ging es um die Frage, in welcher Optik die Bilder angebracht werden sollten. Ich sagte: „na, so …“ und machte mit den Händen Bewegungen, die darauf hindeuteten, dass ich kein konkretes Muster, wie etwa diagonal, horizontal oder vertikal wollte, sondern eine „kreative“ Wandgestaltung. Ich ließ meinen Mann mit dieser Information allein. Kurze Zeit später waren die Bilder angebracht – schön linear, wie auf einer Kette aufgezogen. Er stelle sich davor und fragte mich: „… na, habe ich sie schön gerade angebracht?“ Ich musste lachen, denn ich kenne seine Vorliebe für Gleichförmigkeit und hätte erahnen können, dass er mit meinen wirren Handbewegungen nichts anfangen kann.
Wenn Sie diese Geschichte nun auf Ihren Arbeitsbereich übertragen, fallen Ihnen mit Sicherheit Situationen ein, in denen Mitarbeiter Aufgaben und Anweisungen nicht so erfüllt haben, wie Sie sich das vorgestellt haben. Gewöhnlich tun Ihre Mitarbeiter dies weder aus Bosheit noch aus Dummheit, sie „übersetzen“ die Aufgaben nur nach ihrer Denk- und Verhaltensstruktur.
Wenn Sie potenzielle Mitarbeiter auswählen, dann sollten Sie beispielhaft diese zwei Muster berücksichtigen.
1. Wie groß ist das Verlangen nach Abwechslung oder Beständigkeit?
Als ich Sicherheitsunternehmen beraten habe, besuchte ich Geldbearbeiterinnen an deren Arbeitsplatz. Dieses Bild bot sich mir: In einem Raum von einer Größe 2,5 x 5 Meter haben zwei Frauen ihren Arbeitsplatz als Geldbearbeiterinnen. Der Raum hat kein Fenster und wird durch eine schwere Stahltür verschlossen. Auf der längeren Seite des Raumes stehen aneinandergereiht Tische. Auf einem ist ein PC installiert, der den ganzen Tag in Betrieb ist. Mehrere Stahlschränke stehen an verschiedenen Stellen. Alle anderen Plätze, einschließlich des Bodens, ist voller Geld – in Taschen, in Boxen oder lose. Die Hauptaufgabe der beiden Frauen besteht im Abzählen, im Sortieren und im Eintüten von Geld. Im Gespräch mit diesen Frauen erwähne ich fast beiläufig, dass die Arbeit wohl sehr einseitig ist. Die Frauen verneinen, schließlich würden sie neben dem Geldzählen auch die Höhe des gezählten Geldes in den PC eintragen.
In der Stellenbeschreibung wird vermutlich stehen: guter und versierter Umgang mit Zahlen, Ehrlichkeit, sicherer Umgang mit Geld, keine Angst vor engen, abgeschlossenen Räumen.
Würde ich diesen Angaben folgen, könnte ich mich auch für die Stelle bewerben, vermutlich viele von Ihnen auch. Doch ich würde es maximal eine Woche aushalten. Beschrieben sind grundlegende Voraussetzungen bezogen auf Wissen und Können. Das ist durchaus wichtig, doch erfasst das Persönlichkeitsprofil nicht vollständig.
Wenn der Arbeitgeber wissen möchte, ob der potenzielle Mitarbeiter das hohe Maß an Gleichförmigkeit erträgt und dabei jede Stunde, jeden Tag, Woche für Woche gedanklich bei der Sache bleiben kann, braucht er eine entsprechende Frage, die das Muster offenlegt. Immerhin, nur ca. 5 % aller Menschen ertragen so viel an Gleichförmigkeit.
Bei der Vorbereitung für ein Einstellungsgespräch sollte sich ein Arbeitgeber oder Personalleiter folgende Fragen zur Stelle beantworten:
Wie viel verschiedene Aufgaben beinhaltet die Stelle?
Wie lange bleibt eine bestimmte Aufgabe unverändert?
Setzt die erfolgreiche Ausübung der Aufgabe eine revolutionäre Veränderung oder das Aufbauen auf bereits Bestehendem oder die Bewahrung des Status quo voraus?
Die Frage, die dann an einen potenziellen Mitarbeiter gestellt wird, lautet: Welche Beziehung besteht zwischen Ihrer jetzigen Arbeit und Ihrer früheren Arbeit?
2. Aus welcher Richtung kommt die Motivation?
Eine Motivation kann aus zwei Richtungen kommen. Manche Menschen fokussieren ihr Denken und Tun stark auf die Erreichung von Zielen. Andere Menschen sehen ihren Erfolg in der Lösung von Problemen bzw. in der Vermeidung dieser.
Ich habe mal einen Anwalt beauftragt, weil es nach einem Verkehrsunfall zu Streitigkeiten kam. Der Anwalt riet mir, das Angebot der Versicherung auf 30 % Mitschuld zu akzeptieren. Ich frage ihn, warum er mir das rät. Er meinte, er wolle den Fall ja gewinnen. Ich fragte weiter, warum das für ihn wichtig sei. Er sagte: „Weil sich verlorene Fälle in der Vita eines Anwalts nicht gut machen“.
Zunächst schien es, als folge der Anwalt einem Ziel. Doch die weitere Fragestellung zeigte, dass es ihm um die Vermeidung negativ ausgehender Fälle ging.
Wenn Sie auf der Suche nach einem potenziellen Mitarbeiter sind, ist es nützlich zu wissen, ob die Stelle vorwiegend aus Problemlösungen besteht oder sich auf das Erreichen von Zielen konzentriert.
Viele bewerten ein auf ein Ziel zugerichtetes Handeln als positiv, während ein etwas verhinderndes Verhalten als negativ empfunden wird. Mit einer solchen Bewertung sollte man sehr vorsichtig sein. Stellen Sie ich vor, Sie kommen nach einem Unfall in die Notaufnahme und der Arzt fragt Sie, statt sofort damit zu beginnen Ihre Wunden zu versorgen und zu heilen, nach Ihren gesundheitlichen Zielen.
Um herauszufinden, welche Motivationsrichtung ein potenzieller Mitarbeiter verfolgt, können Sie im Vorstellungsgespräch folgende 3 Fragen der Reihe nach stellen:
1. Was ist Ihnen an der Arbeit wichtig?
2. Warum ist das für Sie wichtig?
3. Was haben Sie davon?
Man kann es schon erahnen, Stellenausschreibungen können gezielt so formuliert werden, dass sich nur potenzielle Mitarbeiter melden, deren Persönlichkeitsprofil mit den Aufgaben der Stelle übereinstimmt. Doch das ist schon ein neues Thema.
Über den Autor:
Kristina Schubert – Immer wieder zurück zu den Wurzeln
Als wir 1990 alle von der Hochschule entlassen wurden, war über Nacht der Traum einer Hochschulkarriere ausgeträumt.
Was aber geblieben war, war eine sehr gute 5-jährige Universitätsausbildung in Pädagogik. Und so begab ich mich kurzerhand als Dozent auf den Weiterbildungsmarkt. Ja, es war schon eine Umstellung von Studenten auf inhomogene Umschulungsgruppen. Im Laufe der Zeit habe ich dann alles unterrichtet – von Analphabeten bis zu Teilnehmer von Meisterkursen. Wie auch immer, es hat mir (fast) immer Spaß gemacht. Und ich habe dabei erfahren, wie unterschiedlich die Lernzugänge sein können. Was mich wiederum angeregt hat, mich intensiver mit Lehrmethodik zu beschäftigen.
Als ich mich 1998 auf den Weg in die Selbständigkeit machte, hatte ich eine gute und relativ sichere Arbeitsstelle. Doch eine Stimme in mir sagte, schaffe dir deinen eigenen Arbeitsraum. Ich wollte meinen Ideen und Vorstellungen nachgehen.
Da kam mir ein Zufall entgegen. Mein Mann machte mich auf eine Kleinanzeige aufmerksam, in der jemand für die Führung einer Privatschule einen Partner suchte. Ein halbes Jahr später war ich Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer Sprachschule, hatte mehrere Mitarbeiter, über ein Dutzend Honorardozenten und über 200 Kunden in 20 Kursen zu koordinieren.
Dann traf ich eine Freundin und frühere Kollegin wieder. Sie erzählte mir von Leonardo und Equal. Ich hatte keine Ahnung wovon sie sprach. Sie machte mich mit ihrem Chef bekannt. Seine Schulungseinrichtung arbeitete in großen staatlich geförderten Personal- und Organisationsentwicklungsprojekten und suchte gerade einen Projektleiter. Einer so reizvollen Aufgabe konnte ich natürlich nicht widerstehen. Vier Jahre lang begleitete ich die Junior-Geschäftsführerin einer Privatschule im Prozess der Geschäftsübernahme von der Mutter zur Tochter.
Es folgten weitere Beratungsprojekte im Bereich der Personal- und Organisationsentwicklung. Nun wusste ich auch, dass Leonardo und Equal die Namen von zwei großen europaweit geführten Projekten waren. Ich wurde zum Experten staatlich geförderter Projektarbeit. Wo auch immer es Geld für kleine und mittelständische Unternehmen gab – ich wusste es. Und ich sorgte dafür, dass es die erreichte, die es brauchten. Darunter waren auch viele Gründerinnen, die ich in den ersten Jahren ihrer Selbständigkeit begleitete.
Heute bin ich als Beraterin bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (kfw), dem Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA), der Deutschen Gesellschaft für Gründerinnen (bga) und dem jüngsten Förderprogramm „Kita+“ anerkannt. Vorwiegend berate und coache ich Frauen in der Gründungsphase und bei der Unternehmensentwicklung. Dabei habe ich das Gefühl auch für mich angekommen zu sein. Diese Arbeit gibt mir die besondere Möglichkeit, mein Wissen in Form von Seminaren weiter zu geben, beratend zur Seite zu stehen und zu motivieren.
In Projekten arbeite ich noch immer, sofern sich eine Möglichkeit ergibt. Was mich daran reizt ist, dass ich über längere Zeit an einem Thema arbeiten kann und damit sehr strukturiert und systematisch vorgehen kann. Außerdem enthalten Projekte meist einen wissenschaftlich/theoreischen Anteil, was meine Neugierde und meinen Wissensdrang befriedigt.
Die private Sprachschule haben wir aufgegeben, weil mein Geschäftspartner in seine Heimat, die USA zurückgekehrt ist. Dafür habe ich mein eigenes Unternehmen gegründet: das Institut für Selbstmanagement und Innovation.
Als Dozentin für andere Einrichtungen arbeite ich nur noch selten. Weitestgehend habe ich den Klassenraum gegen die neuen Medien ausgetauscht. Über meinen Videokanal bei youtube vermittle ich Kenntnisse zu ausgewählten Gründungs- und Entwicklungsthemen. Zwischenzeitlich erhalte ich darüber auch Anfragen und Hilferufe, denen ich natürlich sehr gern nachgehe.
Von einer Hochschulkarriere träume ich nicht mehr. Ich habe mich arranchiert und einen Weg gefunden, all das was ich gelernt habe und gern tue miteinander zu verknüpfen. Als Kurzformel könnte das lauten: entdecken – lehren – begleiten.